Freitag, 5. Juli 2024
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30 Jahre Haft: Höchststrafe für Pride-Attentäter von Oslo

Rund zwei Jahre nach dem tödlichen Anschlag vor der Oslo Pride ist der Attentäter nun zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Es ist die höchste Strafe, die in Norwegen für einen Terroranschlag ausgesprochen wurde.

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Es war am 24. Juni 2022, in der Nacht vor der Oslo Pride, als Zaniar Matapour ohne Vorwarnung auf das queere „London Pub„, einen Jazz-Club und einen Imbiss in der Nähe in der Innenstadt der norwegischen Hauptstadt feuerte. Dabei starben zwei Männer im Alter von 54 und 60 Jahren.

Mehr als 30 weitere Personen wurden verletzt, neun von ihnen durch Schüsse. Matapour selbst konnte durch mutige Passant:innen überwältigt und kurze Zeit später festgenommen werden.

Der Angeklagte wurde einstimmig verurteilt und zur Höchststrafe verurteilt

Nun hat das Amtsgericht in Oslo unter dem Vorsitz unter dem Vorsitz von Eirik Aass nach einem neun Wochen dauernden Prozess ein Urteil gefällt: Es hat den 45 Jahre alten Norweger iranischer Herkunft für die Begehung eines „schweren Terrorakts“ einstimmig schuldig gesprochen und zu 30 Jahren Haft verurteilt – nach norwegischem Recht die Höchststrafe. Damit folgte das Gericht der Forderung von Staatsanwältin Aud Kinsarvik Gravås.

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Geht danach eine Prognose davon aus, dass er weiterhin gefährlich ist, kann die Haft danach um jeweils fünf Jahre verlängert werden. Eine Haftentlassung auf Bewährung ist nach frühestens 20 Jahren möglich.

Außerdem wurde der Angeklagte, der dem Gericht zufolge aus islamistischen Motiven handelte und bei dem es keine Reue erkennen konnte, zur Zahlung von Schadenersatz in der Höhe von 112 Millionen Kronen, umgerechnet fast 10 Millionen Euro, verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Ziel des Anschlags war es, „so viele Homosexuelle wie möglich zu töten“

Für das Gericht war zweifelsfrei bewiesen, dass Matapours Angriff „zweifellos auf homosexuelle Menschen“ abzielte: Ziel des Anschlags sei es gewesen, „so viele Homosexuelle wie möglich zu töten und LGBTQ-Personen im Allgemeinen in Angst und Schrecken zu versetzen“, heißt es weiter in der Urteilsbegründung.

Verteidiger Marius Dietrichson hatte einen Freispruch wegen Unzurechnungsfähigkeit beantragt, weil bei Matapour eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert wurde. Das Gericht urteilte aber, dass er „vor dem Angriff und währenddessen voll und ganz wusste, was er tat“. Der Anwalt kündigte gegenüber dem Norwegischen Rundfunk NRK  an, seinem Mandanten zu einer Berufung zu raten.

Das Urteil ist historisch

Beobachter:innen bezeichnen das Urteil als historisch: Es ist der erste Fall, in dem ein Täter wegen schwerwiegender Terrorvergehen zu 30 Jahren Haft verurteilt wurde. Sogar der rechtsextreme Terrorist Anders Brevik wurde 2012 nur zu 21 Jahren Haft, die damals geltende Höchststrafe, verurteilt.

Mittlerweile wartet der mutmaßliche Drahtzieher des Anschlags, Arfan Bhatti, auf seinen Prozess. Er wurde im Mai 2024 aus Pakistan nach Norwegen ausgeliefert. Er wird der „Beihilfe zu einem schweren Terrorakt“ verdächtigt, darauf stehen in Norwegen auch bis zu 30 Jahre Haft. Er selbst bestreitet alle Vorwürfe.

Im Zuge der Aufarbeitung der Vorgänge rund um den Anschlag hatte sich der norwegische Inlandsgeheimdienst im Juni 2023 entschuldigt. Ein Bericht kam zu dem Schluss, dass der Anschlag verhindert werden hätte können.