Sonntag, 8. September 2024
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    Nach Schumachers Coming-out: Warum schweigt die Formel 1?

    Am Sonntag hatte der ehemalige Formel-1-Fahrer Ralf Schumacher sein öffentliches Coming-out. Damit ist er einer von weniger Spitzenrennfahrern, die sich als schwul geoutet haben - der Motorsport hat offenbar ein Macho-Problem.

    Mit seinem Coming-out hat Ralf Schumacher einen Nerv in der Motorsport-Community getrioffen. Denn auch, wenn das Formel-1-Team von Mercedes und die Tourenwagenserie DTM, in der Schumacher von 2008 bis 2012 angetreten waren, dem 49-Jährigen gratulierten, so ist das Schweigen anderer mindestens ebenso laut.

    Auf das Coming-out gab es jede Menge Reaktionen – nur dicht von der Formel 1

    Denn von den aktuellen Formel-1-Fahrern gibt es auffallend wenig Reaktionen – auch, wenn das Coming-out am Wochenende beim Großen Preis von Ungarn wohl eines der bestimmenden Themen sein wird.

    Oder, wie es der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel gegenüber dem britischen Schwulenmagazin Attitude ausdrückte: „Obwohl das Autofahren an sich dynamisch ist, muss ich leider feststellen, dass einige Mitglieder der Autofahrergemeinschaft, wenn ich sie so nennen darf, dennoch sehr langsam – fast statisch – sind, wenn es um den Fortschritt geht.“

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    Vettel und Hamilton setzen Zeichen – doch sind sie repräsentativ?

    Vettel gehört zu den progressiveren Formel-1-Fahrern. Er ist gegen Ende seiner Karriere öfter durch Solidarität mit der LGBTI-Community aufgefallen. Wegen eines queerfeindlichen Referendums in Ungarn zeigte er sich mit einem Regenbogen-T-Shirt auf dem Hungaroring. In Saudi-Arabien trug er bei einem Rennen weiße Turnmschuhe mit Kurven in Regenbogenfarben.

    Auch Rekord-Weltmeister Lewis Hamilton hatte Ungarns Anti-LGBTI-Referendum kritisiert und ist 2021 in Katar mit einem Regenbogenhelm gefahren, um ein Zeichen der Solidarität mit der LGBTI-Community zu setzen, deren Angehörigen in dem Wüstenstaat noch immer die Todesstrafe droht.

    Bis jetzt hat sich kein aktiver Formel-1-Fahrer geoutet

    Doch während seiner aktiven Zeit hatte sich bis jetzt kein Formel-1-Fahrer geoutet. Dass der Brite Mike Beuttler, der Anfang der 70er Jahre bei mehreren Rennen startete, schwul war, erfuhr die Öffentlichkeit erst spät: Er starb 1988 im Alter von 48 Jahren an Aids.

    Im Jahr 2017 outete sich der britische Rennfahrer Danny Watts, zweimaliger Le-Mans-Sieger und Formel-3-Fahrer – ebenfalls mehrere Jahre nach Ende seiner Karriere. Und auch die Italienierin Lella Lombardi, in den 1970er Jahren die bisher einzige mit Punkten in der Formel 1, hinterließ eine Partnerin, als sie 1992 an Brustkrebs starb.

    Dass ein schwuler Formel-1-Fahrer überall willkommen wäre, darf noch immer bezweifelt werden – und das liegt nicht nur am Machismo im Motorsport und bei seinen Fans, der zugegebenermaßen in den letzten Jahren immer weiter zurückgedrängt wurde – etwa durch das Ende der Grid Girls.

    Immer mehr Rennen finden in queerfeindlichen Ländern statt

    Auch der Blick in den Rennkalender der Formel 1 gibt in dieser Hinsicht wenig Grund zu Optimismus. Da ist Ungarn als Land, das sexuelle Minderheiten immer wieder schikaniert und gegen sie hetzt, verglichen mit anderen Ländern, in denen die Formel 1 Station macht, fast schon ein positiver Ausreißer.

    Schließlich finden sich dort auch Länder wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Katar, in denen LGBTI-Menschen Umerziehungslager, lange Haftstrafen oder die Todesstrafe drohen. Und auch China, Bahrain oder Aserbaidschan sind nicht gerade für ihre florierende Gay-Szene bekannt.

    Das zu ändern könnte auch auf der Agenda der Motorsport-Teams und ihrer Sponsoren stehen. Immerhin sind darunter einige Firmen, die sich zum Pride Month gerne mit Regenbogenlogos schmücken. Doch sie schweigen lieber – nicht nur unter Ralf Schumachers bahnbrechendem Instagram-Posting.