Samstag, 7. September 2024
    Werbung
    HomeMagazinPeopleGay Icons: Magnus Hirschfeld - der Mann, der den Grundstein für alles...

    Gay Icons: Magnus Hirschfeld – der Mann, der den Grundstein für alles legte

    Ohne ihn hätte es die moderne Sexualwissenschaft und wahrscheinlich auch das, was wir als LGBTI-Bewegung kennen, nicht gegeben. Magnus Hirschfeld war ein Vorkämpfer seiner Zeit - der seiner Zeit zu früh kam und danach zu lange nicht wiederentdeckt wurde.

    Magnus Hirschfeld wurde am 14. Mai 1868 im pommerschen Kolberg, heute Kołobrzeg in Polen, geboren. Er war einer der bedeutendsten Wissenschaftler und Aktivisten des 20. Jahrhunderts. Mit Nachdruck setzte er sich für die Rechte von jenen Menschen ein, die wir heute als LGBTI-Personen bezeichnen.

    Als Arzt, Sexualforscher und Gründer des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK) hat Hirschfeld die frühen Diskussionen und Entwicklungen der Sexualwissenschaft geprägt und sich leidenschaftlich für die Entkriminalisierung von Homosexualität eingesetzt. Doch die Nationalsozialisten zerstörten seine Arbeit auf brutale Weise.

    Die menschliche Sexualität war schon früh das Thema von Magnus Hirschfeld

    Magnus Hirschfeld wuchs in einer liberalen jüdischen Familie auf und studierte Medizin in Straßburg, München, Heidelberg und Berlin. Schon früh interessierte er sich für die menschliche Sexualität und die sozialen Fragen seiner Zeit – und nahm dabei kein Blatt vor den Mund.

    - Werbung -

    Nach seinem Studium ließ er sich 1894 in Magdeburg als Arzt nieder und eröffnete 1896 eine Praxis in Berlin. In Berlin begann Hirschfeld, sich intensiv mit der Frage der Homosexualität auseinanderzusetzen. Zu dieser Zeit war dies ein stark tabuisiertes und kriminalisiertes Thema.

    Hirschfeld gründete die erste Organisation für die Rechte homosexueller Menschen

    Am 15. Mai 1897 gründete Magnus Hirschfeld in seiner Charlottenburger Wohnung in der Berliner Straße 104 – heute Otto-Suhr-Allee 127 – mit dem Verleger Max Spohr, dem Juristen Eduard Oberg und dem Kolonialschriftsteller Franz Joseph von Bülow das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK). Er wurde zum Vorsitzenden gewählt.

    Das WhK war die weltweit erste Organisation, die sich entschlossen für die Rechte homosexueller Menschen einsetzte. Das Hauptziel des Komitees war die sofortige und vollständige Abschaffung des § 175 des deutschen Strafgesetzbuches, der homosexuelle Handlungen zwischen Männern kriminalisierte.

    Die sexuelle Orientierung ist angeboren, war Magnus Hirschfeld übezeugt

    Magnus Hirschfeld war überzeugt, dass die sexuelle Orientierung eine angeborene Eigenschaft ist. Er nutzte wissenschaftliche Erkenntnisse, um Vorurteile und Diskriminierung zu bekämpfen. Für seine Untersuchungen führte er 1904 unter Studenten und Metallarbeitern eine stichprobenartige Umfrage zur sexuellen Orientierung durch. Das Ergebnis war eindeutig: Der Anteil der Homosexuellen lag bei ca. 1,5 %, der Bisexuellen bei ca. 3,9 %.

    Im Jahr 1910 veröffentlichte Hirschfeld seine wegweisende Forschungsarbeit „Die Transvestiten“. Hirschfeld prägte den Begriff „Transvestit“ für Personen, die Kleidung des anderen Geschlechts tragen, mit seiner Untersuchung über den erotischen Verkleidungstrieb im Jahr 1910. In seinem Werk „Die Homosexualität des Mannes und des Weibes“ aus dem Jahr 1914 stellte er klar, dass Homosexualität in allen Kulturen und zu allen Zeiten existiert habe und kein krankhafter Zustand sei.

    Sein Institut für Sexualwissenschaft war ein Meilenstein seiner Zeit

    Magnus Hirschfeld prägte auch den Begriff „Sexualwissenschaft“ und gründete 1919 in Berlin das weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft. Dieses Institut war das erste seiner Art weltweit und diente als Zentrum für Aufklärung, Beratung und Forschung. Es bot auch praktische Hilfe für queere Menschen an und führte die ersten geschlechtsangleichenden Operationen und Hormonbehandlungen durch – ein Meilenstein in der Geschichte der medizinischen Versorgung.

    Er brachte im Institut für Sexualwissenschaft Ärzte zusammen, die Pionierarbeit in der geschlechtsangleichenden medizinischen Versorgung leisteten – und zwar inklusive Operationen und Hormontherapien. Menschen reisten aus ganz Europa an, um Zugang zu dieser einmaligen Behandlung zu erhalten und als ihr authentisches Selbst zu leben.

    Die Nazis zerstörten Hirschfelds Lebenswerk

    Die Nationalsozialisten zerstörten Hirschfelds bahnbrechende Arbeit in den 1930er Jahren. Am 6. Mai 1933, wenige Monate nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, wurde das Institut für Sexualwissenschaft von einem SA-Trupp gestürmt. Die Angreifer zerstörten die Einrichtung, verbrannten Bücher und Studien und beschlagnahmten Archivmaterial.

    Magnus Hirschfeld selbst entkam seiner Verhaftung, da er sich zu dieser Zeit auf einer Weltreise befand. Nach der Zerstörung seines Instituts entschied er sich, nicht nach Deutschland zurückzukehren, und ließ sich schließlich in Frankreich nieder.

    Im französischen Exil versuchte Hirschfeld, seine Arbeit fortzusetzen

    Dort setzte er seine Arbeit und seine Bemühungen zur Förderung der Sexualwissenschaft unter den widrigen Umständen seiner Zeit fort, trotz der Verluste und des Traumas der Zerstörung seiner Lebensarbeit.

    Hirschfeld starb schließlich am 14. Mai 1935, seinem 67. Geburtstag, in Nizza. Sein Tod markierte das Ende eines bewegten Lebens, in dem er sich unermüdlich für die Rechte und Anerkennung von LGBTI-Personen eingesetzt hat.

    Magnus Hirschfeld legte den Grundstein für moderne Sexualwissenschaft

    Magnus Hirschfeld legte den Grundstein für die moderne Sexualwissenschaft und inspirierte Generationen von Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen. Seine unermüdliche Arbeit zur Entkriminalisierung und Entpathologisierung von Homosexualität sowie seine Vision einer gerechteren und inklusiveren Gesellschaft machen ihn zu einer Ikone der queeren Geschichte – daran gibt es keinen Zweifel.

    Mittlerweile hat er auch in der Gesellschaft Anerkennung gefunden: In Berlin wurde im Jahr 2008 ein Teil des Spree-Ufers nach Magnus Hirschfeld benannt, und die Deutsche Post hat ihm zu Ehren im Jahr 2018, zu Hirschfelds 150. Geburtstag eine Briefmarke herausgebracht.