Montag, 16. September 2024
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    Australien: Zoff über LGBTI-Frage bei kommender Volkszählung

    Werden queere Personen bei der nächsten Volkszählung berücksichtigt - und dadurch sichtbar? Oder nicht, obwohl das die regierende Labour Party im Wahlkampf versprochen hat? Darüber ist in Australien ein Streit ausgebrochen.

    Nachdem in Australien die Entscheidung, bei der kommenden Volkszählung keine Fragen zum LGBTI-Status zu stellen, zu heftiger Kritik geführt hat, hat die Regierung nun eine Kehrtwende gemacht. Sie wird bei der Erhebung 2026 eine Frage zur „sexuellen Präferenz“ stellen.

    Eigentlich war die Zählung queerer Menschen ein Wahlversprechen der regierenden Labour Party

    Australiens regierende Labor Party, die seit 2022 an der Macht ist, hatte in ihrem Parteiprogramm für 2023 versprochen, queere Menschen bei der Volkszählung zu berücksichtigen. 

    Doch letzte Woche gab das australische Statistikamt (ABS) bekannt, dass die Versuche über freiwillige Fragen zu sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität und Intersexualität nicht fortgesetzt werden, da die Regierung beschlossen hatte, sie nicht zu berücksichtigen.

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    Der Stopp der Regierung löste in der LGBTI-Community Empörung aus

    Das löste heftige Kritik aus – nicht nur von LGBTI-Aktivist:innen und -Organisationen, sondern auch etwa von sechs Abgeordneten der Regierungspartei sowie  der Beauftragten für Geschlechterdiskriminierung und einer lokalen Ministerin.

    „Einfach ausgedrückt: Alle LGBTIQA+ Menschen verdienen Anerkennung. Gleichberechtigung bedeutet, niemanden zurückzulassen, aber wenn man uns nicht zählt, zählen wir auch nicht“, erklärte Harriet Shing, Ministerin für Gleichberechtigung in Victoria.

    Der Premierminister sollte von der größten Pride der Region verbannt werden

    Es gab sogar Forderungen, den Premierminister wegen der Volkszählung und eines gebrochenen Versprechens, eine Gesetzeslücke zu schließen, die es religiösen Schulen erlaubt, LGBT-Lehrer:innen und -Schüler:innen zu diskriminieren, vom Sydney Mardi Gras Festival, der größten Pride-Parade Australiens, auszuschließen. 

    „[Premierminister Anthony] Albanese sagt, er wolle den sozialen Zusammenhalt fördern und Spaltungen verhindern, aber indem er LGBTIQA+-Australier zurück in die Statistik drängt, tut er genau das Gegenteil“, sagt Rodney Croome, ein Sprecher von Just.Equal Australia.

    „Unsere Communities werden sich weiterhin unsichtbar und erniedrigt fühlen, weil die Bundesregierung die Gelegenheit nicht genutzt hat, endlich die Vielfalt Australiens widerzuspiegeln und wichtige Informationen über die Art der Dienstleistungen zu sammeln, die die Menschen brauchen“, sagt Anna Brown, Geschäftsführerin von Equality Australia.

    Die Regierung musste schließlich einen Rückzieher machen

    Am Freitag gab Premierminister Albanese bekannt, dass die Regierung mit dem ABS zusammenarbeitet, um eine einzige Frage zur Sexualität in die Volkszählung aufzunehmen. Er distanzierte sich von dem Entscheidungsprozess, der hinter der ursprünglichen Ankündigung stand.

    „Wir wollen sicherstellen, dass jeder Mensch wertgeschätzt wird, unabhängig von seinem Geschlecht, seiner Ethnie, seinem Glauben oder seiner sexuellen Orientierung. Wir schätzen jeden Australier und wir werden mit der ABS zusammenarbeiten“, sagt Albanese.

    Nun wird zumindest eine Frage zur eigenen Sexualität gestellt

    Einige Aktivistinnen und Aktivisten bemängeln jedoch, dass eine einzige Frage zur Sexualität bestimmte Teile der LGBTI-Community unberücksichtigt lassen wird. So soll bei der Volkszählung jetzt nicht nach dem Transgender- oder Intersex-Status gefragt werden.

    „Trans- und intergeschlechtliche Menschen sowie Menschen mit angeborenen Variationen von Geschlechtsmerkmalen verdienen es, genauso anerkannt zu werden wie alle anderen“, so Brown in einer Erklärung.

    Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen

    Die ABS entwickelt den Fragebogen für die Volkszählung weiter, so dass die endgültige Formulierung der Frage und ihre Aufnahme in die Umfrage noch nicht feststehen. Der Entwurf der Frage wurde noch nicht veröffentlicht.

    Es ist nicht das erste Mal, dass die Zählung queerer Menschen in Australien umstritten ist. Im Jahr 2021 gab das ABS eine „Erklärung des Bedauerns“ ab, weil es die Community bei der Volkszählung 2021 nicht gezählt hatte. Dies führte zu der ursprünglichen Strategie, die queere Community bei der Volkszählung 2026 zu berücksichtigen.

    Andere Länder des Commonwealth haben bereits begonnen, in ihren Volkszählungen Fragen zur sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität zu stellen. Kanada hat seine Fragen zu Geschlecht und Gender aktualisiert, um Transgender-Personen bei der Volkszählung 2021 besser zu erfassen. Schottland hat erstmals bei der Volkszählung 2022 Fragen zu Sexualität und Transidentität gestellt, und Neuseeland bei der Volkszählung 2023.